Zum 80. Jahrestag des ersten Tests einer Atombombe überhaupt dachte ich daran, dass das mal ein Thema für ein Modell wäre. Gesagt, gesucht, und Heureka! hat da jemand tatsächlich 3D Druck STL Files von "The Gadget" erstellt, und das sogar mit Innenleben. Es dauerte nur wenige Tage bis ich aufgab und sie runtergeladen habe.
@Void und seine Frau waren so freundlich, mir die Teile gegen die übliche Gebühr in Resin zu drucken, ganz saubere Oberflächen und sehr detailreich. Vielen Dank euch beiden dafür!
Damit ihr nicht nur das fertige Modell seht, sondern auch was drin ist, baue ich das Modell hier in einer kleinen Bildergeschichte auf. Hinweis für "Nietenzähler": das Vorbild wurde anders zusammengebaut, da setzte man die Plutoniumkugel erst am Tag vor dem Test direkt auf dem Testgelände ein.
Der Aufbau beginnt damit, dass die passend geformten sechs- und fünfeckigen Blöcke des Sprengstoffes in die Gehäuseschale gestapelt werden. Das Modell stellt diese nur in zwei Teilen dar, ich nehme an, dass das Stapeln vieler kleiner Teile einfach zu schwierig in diesem Maßstab wäre. Das Vorbild hatte hier eine Mischung aus TNT (gelb) und RDX (weiß), deshalb habe ich das Teil in einem leicht gelblichen Weiß angemalt. Die berühmten "Explosivlinsen" sind hier gar nicht zu sehen, weil sie im Inneren der einzelnen Blöcke liegen.
Es gibt keine Fotos der echten Blöcke (nur von eimem Mockup), deswegen habe ich die durchscheinenden Stellen der Lackierung so gelassen. Die echten Blöcke waren sicher auch nicht reinweiß sauber.
In den Hohlraum im Sprengstoff kommt die untere Hälfte einer Aluminiumkugel, die als "Pusher" dient und den Druck der Explosion später nach innen leitet.
Wer sich wundert, warum die Innenseite der Gehäuseschalen ocker ist: die waren beim Vorbild mit Kork ausgekleidet, um den nach außen laufenden Teil der Detonationswelle zu dämpfen.
Der Autor der STL Files hat vorgeschlagen, eine Kugellagerkugel als Modell für das Plutonium zu verwenden. Ich habe mir eine 4mm Wolframkugel besorgt. Warum? Weil Wolfram in etwa die gleiche Dichte wie Plutonium hat... *pfeif*
Die wird hier in den Tamper eingepackt, eine Art Neutronenreflektor aus Natur-Uran. Uran läuft an der Luft nach einiger Zeit schwarz an, deshalb habe ich die winzigen Kugelschalen mit einem Edding schwarz angemalt.
Der Neutronenaktivator in der Plutoniumkugel ist in diesem Modell (weil zu klein) nicht dargestellt.
Die echte Kugel war übrigens mit nur 9cm Durchmesser ziemlich klein. Sie wog etwa 6kg.
Der so zusammengebaute Kern wandert in den Hohlraum in der Aluminumschale....
...und das Oberteil der Aluminiumkugel kommt drauf. Der Aufbau des Gehäuses schreitet fort...
... bis das Gehäuse vom "Gadget" geschlossen ist.
Das war jetzt das, was der 3D-Druck geliefert hat (nochmal herzlichen Dank an Void, dass er beim Ständer daran gedacht hat, ihn massiv zu drucken - das ist beim Gewicht des Modells auch bitter nötig!).
Das ist aber nicht das ganze Gadget. Oder hat der Autor gedacht, dass da 32 arme kleine "Assisstenten Beaker" versuchten, alle gleichzeitig ihre Zündschnur anzuzünden und dann um ihr Leben zu laufen?
Ich habe also noch die "X-Unit" (Impulsgenerator für die Zündimpulse) und ihren Kegeladapter gebastelt und auch die beiden Verteilerkästen für die Kabel zu den Detonatoren. Sie werden von Magneten an ihren Plätzen gehalten. Das Modell enthält sowieso einige Magneten, die den Zusammenbau besonders der Gehäuseschale sehr erleichtern.
So sieht das Modell komplett aus. Die X-Unit ist das schwarze Teil rechts. Die eigentlichen Kabel habe ich weggelassen, weil sie das Auseinandernehmen und Zusammenbauen zu sehr behindern würden. Im Maßstab des Modells wären das ohnehin Zwirnsfäden, die einen herrlichen Knotensalat verursachen würden.
Die zusätzlichen Teile habe ich aus PVC "Ritzekratze mit der Laubsäge" gemacht, der gelochte Kegel, der die X-Unit trägt, ist aus Pappe.
Vielleicht fragt sich der eine oder andere wie das "Gadget" genau funktioniert hat. Ich habe mal versucht, das ohne Formeln und allzuviel Tech-Babble zu beschreiben:
Wenn die 32 Detonatoren auf eine Mikrosekunde genau gleichzeitig explodieren, dann laufen Stoßwellen los, werden durch den explodierenden Sprengstoff immer weiter verstärkt, erreichen die Explosivlinsen und werden dort zu einer fast perfekten Hohlkugel geformt. Nach nur 0.1 Millisekunden erreicht die konvergierende Kugel-Stoßwelle das Zentrum des Aufbaues. Die Plutoniumkugel wird dadurch auf etwa 74% ihrer Größe zusammengedrückt, was die Dichte auf den Faktor 2.5 (39 g/cm3) erhöht. Sie ist damit deutlich überkritisch, und zusätzlich wird die Neutronenquelle durch Zusammendrücken aktiviert.
Jetzt sind wir auf dem "Highway to Hell". Die Kernspaltung setzt sofort ein, und nach ziemlich genau 80 Generationen der Kettenreaktion ist ca. 1kg (17%) des Plutoniums gespalten. Der ganze Vorgang dauert weniger als eine Mikrosekunde. Die Stoßwelle läuft in dieser Zeit als Verdünnungswelle wieder zurück nach außen, etwa einen Zentimeter weit. Zusätzlich dehnt sich die Plutoniumkugel durch die enorme freigesetzte Energie so weit aus, dass sie nicht länger kritisch ist, die Kernspaltung bricht also zu diesem Zeitpunkt ab.
Man weiß heute, dass das Gehäuse der Bombe keine Zeit zum Platzen hatte (was sonst bei einem Behälter mit mehr als einer Tonne explodierenden Sprengstoffes im Inneren unvermeidlich ist!). Die gesamte Energie aus der Kernspaltung wird als intensiver Blitz von Röntgenstrahlung freigesetzt. Im allerersten Augenblick (wir reden hier von Bruchteilen einer Mikrosekunde) fluoreszieren Bombengehäuse und das Häuschen auf dem Testturm stark in der Flut der Strahlung, bevor sie verdampfen.
Die Röntgenstrahlung wird von der Luft außen um den Versuchsaufbau herum auf den ersten (grob) 10 Metern stark absorbiert, wodurch sie sich auf zehntausende von Grad erhitzt. Diese extrem heiße Blase ist der "Feuerball", normalerweise das Erste, was Beobachter von einer Atomexplosion zu sehen bekommen. Sie strahlt sofort große Mengen Licht, Hitze und UV-Strahlung ab, was Teile der Umgebung in Brand setzt.
Durch die große Hitze dehnt sich der Feuerball schnell aus, berührt nach ca. zwei Millisekunden den Boden, verdampft auf dem Weg dahin auch noch den Rest des Testturms und der Spannseile (noch bevor die merken, dass sie an nichts mehr festgemacht sind), schiebt auch noch die Schockwelle an, die in der Umgebung für weitere Zerstörungen sorgt, und brennt schließlich einen flachen Krater in den Boden.
Die Hitze im Feuerball erzeugt auch eine Menge Auftrieb, was zu der bekannten Pilzwolke führt. Der "Stiel" des Pilzes entsteht dabei, weil die aufsteigende heiße Wolke unten kalte Luft nachströmen läßt, die ihrerseits Staub vom Boden aufwirbelt und mit nach oben zieht.
Nach ungefähr 10 Sekunden hört das Glühen der Pilzwolke auf, die dennoch weiter aufsteigt, bis sie etwa 10km Höhe erreicht. Sie wird am Ende vom Wind verweht. Und mit ihr die radioaktiven Spaltprodukte.
Ich kann nachvollziehen, dass Robert Oppenheimer angesichts der vor seinen Augen ablaufenden Apokalypse aus der Bhagvad Gita zitiert hat: "Jetzt bin ich zum Tod geworden, dem Weltenzerstörer."
Ich würde mir wünschen, es wäre bei diesem einen Versuch geblieben, einem faszinierenden, aber auch gefährlichen physikalischen Experiment. Wie wir wissen, war das leider nicht der Fall.